Ukraine: Wirtschaftliche Perspektive dank praxisnaher Ausbildung

Mit der Unterstützung einer neuen Sanitär-Ausbildung leistet die internationale Zusammenarbeit der Schweiz einen Beitrag zum Wandel von einem theoretischen hin zu einem praxisnahen Ausbildungssystem. So erhalten junge Menschen in der Ukraine eine berufliche Perspektive in ihrem Heimatland. Das öffentlich-private Projekt unterstreicht, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung in der internationalen Zusammenarbeit ist.

Vier Auszubildende installieren Sanitäranlagen in einer Übungsumgebung einer Berufsschule in der Ukraine.

Eine praxisnahe Ausbildung, mehr Lohn und soziales Ansehen: Eine gute Berufsbildung erhöht die Perspektiven junger Menschen, im eigenen Land eine Zukunft aufzubauen. © EDA

Die Ukraine. Ein grosses Land, zwischen Europa und Russland. Ein grosses Land, zwischen hoher Armut und wirtschaftlichem Potenzial. Wenn das Land langfristig seine wirtschaftlichen Möglichkeiten in der Landwirtschaft sowie in der Industrie- und im Dienstleistungssektor nutzen will, braucht es junge, dynamische Arbeitskräfte, die in ihrem Heimatland eine Perspektive sehen.

Und genau hier liegt in der Ukraine das Problem. Zwar ist der wachsende Privatsektor auf der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften, aber das Berufsbildungssystem kann damit nicht mithalten.

Die Wirtschaft möchte zwar langfristig ins Land investieren, sieht sich aber mit grossen strukturellen Problemen konfrontiert.
Nicole Ruder, Chefin Internationale Zusammenarbeit in der Ukraine

«Das führt dazu, dass die Wirtschaft zwar lokale Arbeitsstellen schafft, aber gleichzeitig mit einem grossen Fachkräftemangel konfrontiert ist. Und das ist einem Land, in dem ein Fünftel der Jugendlichen arbeitslos ist», erklärt Nicole Ruder, Chefin Internationale Zusammenarbeit in der Ukraine. «Die Wirtschaft möchte zwar langfristig ins Land investieren, sieht sich aber mit grossen strukturellen Problemen konfrontiert.»

Praxisnahe Ausbildung für 3000 junge Menschen

Fünf Auszubildende arbeiten in der Werkstatt einer Berufsschule in der Ukraine.
Der wachsende Privatsektor in der Ukraine bietet viel Potenzial. Um dieses zu nutzen, ist die Wirtschaft auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen. © EDA

Das Missverhältnis zwischen den Fähigkeiten der Arbeitskräfte und den Bedürfnissen des wachsenden Privatsektors ist eine wichtige Ursache für die geringe Produktivität in der Ukraine. Ein Problem, welchem sich die ukrainische Regierung stellt: Mittels strukturellen Anpassungen in der Berufsbildung sollen Ausbildung und Arbeitsmarkt näher zusammengebracht werden.

Ein Ansatz, den die Schweiz teilt und weltweit fördert. Gemeinsam mit der internationaltätigen Stiftung Swisscontact sowie dem Schweizer Unternehmen Geberit arbeitet sie daran, die Berufsbildung im Bereich Sanitärtechnik zu verbessern und so jungen Sanitär-Installateurinnen und -Installateuren eine berufliche Perspektive zu bieten. Gestartet mit einer Pilotphase im Sommer 2014 mit sechs Berufsschulen, konnte zwischenzeitlich dank ukrainischen Partnern auf alle 25 Provinzen des Landes ausgeweitet werden.

«Ziel war es, eine dreijährige Sanitär-Ausbildung zu erarbeiten, die vom Bildungsministerium anerkannt wird und die ausgerichtet ist auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkes», erklärt die Chefin Internationale Zusammenarbeit in der Ukraine. 3000 junge Menschen sollen auf diese Weise bis 2023 eine praxisnahe Ausbildung absolvieren, die ihnen im Anschluss den Einstieg in die Arbeitswelt ermöglicht.

Schweizerische Stiftung als Bindeglied zu den Partnern vor Ort

Das öffentlich-private Projekt der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz, der Stiftung Swisscontact und dem Unternehmen Geberit unterstreicht, wie wichtig eine umfassende Herangehensweise bei der internationalen Zusammenarbeit ist. «Jeder einzelne Akteur in diesem Vorhaben hat seine Stärken, hat etwas, was er zum Gelingen des Projektes beitragen kann», betont Nicole Ruder.

Während die internationale Zusammenarbeit der Schweiz das Thema des dualen Bildungssystems auf die politische Agenda in der Ukraine bringt, fördert Swisscontact den kulturellen Wandel vor Ort und agiert als Bindeglied zwischen Bildung und Privatwirtschaft. Gestützt auf die Bemühungen der ukrainischen Regierung und unterstützt von der internationalen Zusammenarbeit arbeitet die Schweizer Stiftung eng mit den technischen Einrichtungen vor Ort, um diesen Veränderungsprozess, den Wandel von Theorie hin zur Praxis, nachhaltig zu fördern.

Langfristige Verpflichtung durch eigene finanzielle Beteiligung

Am Ende kann ein solches Projekt aber nur erfolgreich sein, wenn vor Ort Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn junge Menschen eine Perspektive erhalten. Geberit agiert in der Ukraine als Brückenbauer zur lokalen Wirtschaft.

Die internationale Zusammenarbeit ermöglicht uns den Zugang zu den entsprechenden Projekten, was sehr wichtig ist, denn solche Projekte zu finden, ist nicht einfach.
Roman Sidler, Leiter Kommunikation Geberit

«Damit ist auch gesagt, was wir als Vertreter des Privatsektors zum Erfolg beitragen können: Die internationale Zusammenarbeit ermöglicht uns dabei den Zugang zu den entsprechenden Projekten, was sehr wichtig ist, denn solche Projekte zu finden, ist nicht einfach», erklärt Roman Sidler von Geberit.

Für die Schweiz ist dabei wichtig, dass ein solches Projekt nicht einem einzelnen Unternehmen dient, sondern die Entwicklung eines gesamten Sektors im Vordergrund steht. «Wenn Unternehmen sich ebenso finanziell an einem Projekt beteiligen wie der öffentliche Sektor, zeigt das ihr Interesse, langfristig am Ball zu bleiben», betont Nicole Ruder. 

Guter Lohn und hohes soziales Ansehen als Ansporn

Die Schweiz unterstützt dann auch nicht ein Unternehmen direkt, sondern alle drei Schweizer Partner – Bund, Stiftung und Unternehmen – zahlen in einen gemeinsamen Topf, verfolgen ein gemeinsam vereinbartes Projektziel.

Bis anhin wurde in der Ukraine Erfolg mit einem Studium und mit Arbeit im Ausland gleichgesetzt. Mit einer praxisnahen Ausbildung und einer guten Arbeitsstelle wollen wir dazu beitragen, das zu ändern.
Nicole Ruder, Chefin Internationale Zusammenarbeit in der Ukraine

Und ein solches Projekt braucht Zeit, vor allem auch, weil es um einen gesellschaftlichen Wandel geht. «Bis anhin wurde in der Ukraine Erfolg mit einem Studium und mit Arbeit im Ausland gleichgesetzt. Mit einer praxisnahen Ausbildung und einer guten Arbeitsstelle wollen wir dazu beitragen, das zu ändern», erklärt Nicole Ruder.

Mit steigendem Lohn und sozialem Ansehen sollen der Migrationsdruck gesenkt und die Perspektiven junger Menschen, im eigenen Land eine Zukunft aufzubauen, gesteigert werden. Eine Perspektive, die nicht nur jungen ukrainischen Sanitär-Installateurinnen und -Installateuren sowie ihren Kunden zugutekommt, sondern dem ganzen Land.

Als Brückenbauerin zwischen Europa und Russland kommt der Ukraine auch international eine wichtige Rolle zu. Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die gut bezahlte Jobs in der Ukraine schafft und jungen Menschen eine Perspektive bietet, ist demnach im Interesse von uns allen. 

Das Projekt in Kürze

Public Private Development Partnership to improved Sanitary Education in Ukraine:

  • Region: Ukraine
  • Thema: Berufsbildung, Wasser
  • Status: laufend
  • Dauer:
    Phase 1: 01.07.2014 – 31.07.2018
    Phase 2: 01.10.2018 – 28.02.2023 
  • Budget:
    Phase 1: CHF 400’000
    Phase 2: CHF 1'063’000
  • Partnerorganisationen: Schweizer Internationale Zusammenarbeit, Swisscontact, Geberit
     

Internationale Zusammenarbeit

Die internationale Zusammenarbeit der Schweiz (IZA) stützt sich auf die Aussenpolitische Strategie des Bundes (APS) und hat zum Ziel, die Armut in Entwicklungsländern zu bekämpfen und zu deren nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Dabei fokussiert die IZA auf die drei Pfeiler humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Förderung von Frieden und Sicherheit für betroffene Menschen (Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024).

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