Die Schweiz in Katar: Engagement auf und neben dem Spielfeld
Seit 1950 wird am 10. Dezember der Internationale Tag der Menschenrechte begangen. Zum Engagement der Schweiz gehört die wirksame Förderung der Menschenrechte in allen Bereichen – auch im Sport. Anlässlich der kontrovers diskutierten Fussballweltmeisterschaft 2022 machte die Schweiz in Doha aufmerksam auf die Frage der Menschenrechte im Sport durch einen innovativen Ansatz, der Früchte trägt.
Als Sitz von über 70 internationaler Sportverbände setzt sich die Schweiz auch dafür ein, dass die Menschenrechte im Sport auf allen Ebenen eingehalten werden. © Unsplash
«Grosse Sportereignisse sind Momente grosser Emotionen, die Menschen auf der ganzen Welt inspirieren und in ihrer Vielfalt vereinen können. Sie bringen jedoch auch viele Herausforderungen mit sich, darunter die Gefährdung der Menschenrechte.» Mit dieser Feststellung empfing der Schweizer Botschafter in Katar, Edgar Dörig, am 25. November 2022 die Gäste im Club Suisse Doha zu einem Podiumsgespräch.
Es war der Tag nach dem erfolgreichen Start der Schweizer Nati in die Weltmeisterschaft. Seit dem Beginn der WM in Katar war eine Woche vergangen. Der Zeitpunkt war ideal, um eine erste Bilanz der Beobachtungen des Programms Human Rights Volunteers (HRV) zu ziehen, das die FIFA für dieses Grossereignis FIFA eingeführt hat. Es dient als zusätzliches Instrument, um die Einhaltung der Menschenrechte in Echtzeit zu überwachen. Im HRV-Programm arbeiten rund 100 Freiwillige, die speziell für diesen Zweck ausgebildet wurden und deren Aufgabe es ist, potenzielle Menschenrechtsverletzungen in den Stadien und darum herum aufzudecken. Durch die Befragung von Fans und die Beratung bei der Einreichung von Beschwerden leisten die Freiwilligen einen wertvollen Beitrag zur Aufdeckung möglicher Missstände. Die Schweiz spielt dabei eine zentrale Rolle.
Engagement der Schweiz für einen konstruktiven Dialog
Für die Umsetzung des Programms hat die FIFA unter anderem das in Genf ansässige Zentrum für Sport und Menschenrechte (Centre for Sport and Human Rights, CSHR) beauftragt. Das CSHR beteiligt sich an der Verwaltung des Projekts sowie an der Ausbildung und Begleitung der Freiwilligen. Ziel ist es nicht nur, das Turnier aufmerksam zu überwachen, sondern auch ein innovatives Modell zu schaffen, das bei anderen grossen Sportereignissen angewandt werden kann. Die Arbeit der Freiwilligen vor Ort soll gleichzeitig dazu beitragen, die lokalen Gemeinschaften für eine Menschenrechtskultur zu sensibilisieren.
Das von der Schweizer Botschaft organisierte Podiumsgespräch im Club Suisse Doha erlaubte es, ein erstes Fazit des HRV-Programms zu ziehen. Drei Freiwillige präsentierten den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern der katarischen Regierung, der Sponsoren, Vertreterinnen und Vertretern anderer Regierungen und internationaler Organisationen ihre Beobachtungen. Sie berichteten insbesondere von ihren Feststellungen in Bezug auf Sicherheit, Zugänglichkeit und Nichtdiskriminierung.
Mit Blick auf die Boykottaufrufe der letzten Monate sprach sich die Schweiz für einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten und ein konkretes Engagement zur Förderung der Menschenrechte bei der Organisation und Durchführung des Sportereignisses aus. Die durch die Fussballweltmeisterschaft entstandene internationale Aufmerksamkeit kann den Arbeitsreformen in Katar neuen Auftrieb verleihen. Nur so können die Reformen zu dauerhaften Verbesserungen führen. Die Schweiz arbeitet eng mit Katar und verschiedenen Partnerorganisationen zusammen, um diesen Prozess zu unterstützen. Sie setzt sich seit über zehn Jahren für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeitern im Nahen Osten ein, indem sie langfristige Reformen in den Golfstaaten, einschliesslich Katar, unterstützt.
Was macht das CSHR?
Das Zentrum für Sport und Menschenrechte ist als Ergebnis des Schweizer Engagements zur Förderung der Menschenrechte entstanden. Bereits seit 2015 arbeitet die Schweiz gemeinsam mit internationalen Sportorganisationen, Staaten, Athletinnen und Athleten, Sponsoren, NGO und internationalen Organisationen an der Entwicklung von Standards für die Achtung der Menschenrechte auf allen Ebenen des Sports.
2018 gab die Schweiz den entscheidenden Impuls für die Gründung des CSHR im internationalen Genf. 2021 wurde aus dem Zentrum ein unabhängiger Verein nach Schweizer Recht, zu dessen Gründungsmitgliedern auch das EDA zählt.
Das Engagement der Schweiz für diese Initiative steht im Einklang mit den Menschenrechtszielen ihrer Aussenpolitischen Strategie 2020–2023 und ihren Menschenrechtsleitlinien 2021–2024.
Globales Engagement der Schweiz
Die Schweiz betrachtet alle Menschenrechtsverletzungen gleichermassen besorgt, unabhängig davon, wo oder durch wen sie begangen werden. Im Sportbereich engagiert sie sich namentlich bei grossen Sportanlässen, aber nicht nur dort. Aufgrund ihrer bedeutenden sozialen Auswirkungen müssen sportliche Grossanlässe in jeder Hinsicht vorbildlich sein, sowohl vor, während wie auch nach den Wettkämpfen.
Der Leitfaden «Cycle de vie d’un évènement sportif majeur» (Lebenszyklus eines sportlichen Grossereignisses) soll dazu beitragen, die Menschenrechte in die Organisation von Grossveranstaltungen einzubeziehen, das heisst von der Vision bis zum Vermächtnis. Er wurde in enger Zusammenarbeit mit dem EDA im Rahmen der Entstehung des Zentrums für Sport und Menschenrechte erarbeitet und enthält gute Praktiken für die Planungs- und Durchführungsphase sowie die Umsetzung des Vermächtniszieles von Sportgrossanlässen. So soll sichergestellt werden, dass die universellen Rechte eingehalten werden. Jede Veranstaltung sollte nach Möglichkeit eine nachhaltige Wirkung erzielen und gleichzeitig zur Förderung der Menschenrechte auf internationaler Ebene beitragen.
Der Sport bringt bekanntlich Menschen zusammen. Durch die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie den Bau neuer Sozialwohnungen oder Freizeiteinrichtungen können Sportanlässe auch einen Beitrag zur Förderung der Menschenrechte leisten. Sie bergen jedoch auch Risiken, die minimiert werden müssen, indem die Menschenrechte bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Im Leitfaden werden anhand von Empfehlungen das Potenzial und die Risiken solcher Veranstaltungen strukturiert.
Der Leitfaden steht im Einklang mit dem Engagement der Schweiz, das sich an konkreten und nachhaltigen Massnahmen, einem konstruktiven Dialog und dem Einbezug aller relevanten Akteure orientiert.