
Vom 14. bis 16. Oktober 2015 empfängt Genf mehr als 500 Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, internationalen humanitären Organisationen und der Zivilgesellschaft zu einem abschliessenden Austausch über die Überlegungen, die am Weltgipfel für humanitäre Hilfe im Mai 2016 in Istanbul vorgestellt werden sollen. Der Genfer Gipfel bietet Gelegenheit, die Grundzüge der humanitären Hilfe von morgen darzulegen.
Die internationale Konferenz bildet den Abschluss der regionalen und thematischen Konsultationen, die 2014 und 2015 in 151 Ländern stattfanden. Dem Gipfel kommt nach der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung besondere Bedeutung zu.
Massiver Anstieg des Hilfe- und Schutzbedarfs
Warum soll die humanitäre Hilfe reformiert werden? Die Problemstellung ist bekannt: Aufgrund der in aller Welt wachsenden Zahl und zunehmenden Dauer humanitärer Krisen ist der Hilfe- und Schutzbedarf enorm angestiegen. Die Gefahren werden vielfältiger (bewaffnete Konflikte, Klimawandel, Epidemien usw.) und nehmen immer globalere Ausmasse an. Schätzungsweise 80 Millionen Menschen sind derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter 60 Millionen Vertriebene, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen mussten.
Vor diesem Hintergrund rief UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zur Formulierung einer neuen Agenda für humanitäre Hilfe auf. Er beauftragte das UNO-Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) damit, im Vorfeld des Weltgipfels für humanitäre Hilfe in Istanbul innovative Ideen zusammenzustellen. Daraufhin wurde in der bislang weltweit grössten Debatte über die Modalitäten der humanitären Hilfe diskutiert: Insgesamt 23 000 Mitglieder von Regierungen, internationalen Organisationen, NGOs und lokalen Gemeinschaften tauschten ihre Ansichten aus, und auch die Öffentlichkeit hatte die Möglichkeit, via Internet Stellung zu nehmen.
Fünf Handlungsfelder
Letztlich wurden Tausende sehr konkrete wie auch sehr grundlegende Vorschläge zusammengetragen. Alle Vorschläge wurden fünf vorrangigen Handlungsfeldern zugeordnet, die bei der Zusammenkunft in Genf jeweils in speziellen Workshops erörtert werden.
- Würde: Die Würde der von einer Katastrophe oder einem Konflikt betroffenen Menschen garantieren, indem sie in den Mittelpunkt der humanitären Hilfe gestellt werden.
- Sicherheit: Den Schutz der Konfliktopfer und der humanitären Helfer durch die strikte Achtung des humanitären Völkerrechts und die Suche nach politischen Lösungen gewährleisten.
- Widerstandsfähigkeit: Die Fähigkeit der Bevölkerung zur Bewältigung von Krisen maximieren, indem längerfristig angelegte Projekte zugunsten der Entwicklung, der Konfliktprävention und der Katastrophenvorsorge in die humanitäre Hilfe integriert werden.
- Partnerschaften: Bessere Synergien zwischen den Akteuren, darunter den lokalen Gemeinschaften, hinsichtlich der Grundwerte des humanitären Engagements (Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit) erzielen.
- Finanzierung: Die Quellen zur Finanzierung des wachsenden humanitären Bedarfs diversifizieren und auf eine höhere Effizienz beim Mitteleinsatz hinwirken.
Die Schweiz trägt diese Prioritäten uneingeschränkt mit. Nachdem sie den Konsultationsprozess finanziell und technisch unterstützt hat, wird ihr nun die Ehre zuteil, gemeinsam mit dem OCHA den Vorsitz bei den Erörterungen in Genf zu führen.
Bundesrat Didier Burkhalter und Manuel Bessler, Leiter der schweizerischen Humanitären Hilfe, werden bei dieser Gelegenheit eine Reihe positiver Erfahrungen ansprechen, die die Schweiz in den vergangenen Jahren gewonnen hat. Denkbare Beispiele sind die Barzahlungsprogramme (so genannte Cash-Programme) der DEZA, die Unterstützung für Frauenverbände in aller Welt oder auch die im Rahmen der Nansen-Initiative eingeleitete Debatte über Menschen, die infolge von Naturkatastrophen und Klimawandel aus ihrer Heimat vertrieben wurden.