Paket Schweiz-EU: Der Bundesrat heisst die Abkommen gut und eröffnet die Vernehmlassung

Medienmitteilung, 13.06.2025

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. Juni 2025 die Abkommen des Pakets zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) gutgeheissen und die Vernehmlassung eröffnet. Nachdem die Schweiz im Dezember 2024 die Verhandlungen mit der EU erfolgreich abschliessen konnte, hat der Bundesrat die Umsetzungsgesetzgebung, inklusive Begleitmassnahmen, finalisiert. Die offenen Fragen in Bezug auf den Lohnschutz, die Zuwanderung, den Strom und die Art des Referendums konnten in den letzten fünf Monaten entschieden und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Vernehmlassung dauert bis zum 31. Oktober 2025. Mit dem Paket strebt der Bundesrat eine für die Schweiz massgeschneiderte, sektorielle Beteiligung am EU-Binnenmarkt und Kooperationen in ausgewählten Bereichen an. In Anbetracht der unruhigen Weltlage sind gute Beziehungen mit den Nachbarstaaten zentral.

Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung erneut bekräftigt, dass stabile und vorhersehbare Beziehungen mit der EU und ihren Mitgliedstaaten eine strategische Notwendigkeit darstellen. Dies ergibt sich zum einen aus der Bedeutung der bilateralen Beziehungen zur EU und deren positiven Auswirkungen auf Wohlstand, Stabilität und Sicherheit in der Schweiz. Zum anderen ergibt es sich aus der internationalen geopolitischen Lage, die die Schweiz veranlasst, die Kooperation mit den EU-Mitgliedstaaten, insbesondere den Nachbarländern, auf eine stabile und rechtssichere Grundlage zu stellen.

Für die Leistungsfähigkeit einer offenen Volkswirtschaft wie der Schweiz, die über keine bedeutenden Rohstoffe und einen nur begrenzten Binnenmarkt verfügt, spielt die Beteiligung an ausländischen Märkten eine unabdingbare Rolle. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass diese Beteiligung möglichst weitreichend und geografisch diversifiziert ist. Damit wird auch die Widerstandsfähigkeit in Krisen gestärkt. Gleichzeitig konzentriert sich die Schweiz auf Länder und Regionen, die für sie wirtschaftlich und handelspolitisch am wichtigsten sind. Die EU ist mit einem Anteil von rund 53 Prozent am Waren- und Dienstleistungshandel die mit Abstand wichtigste Handelspartnerin der Schweiz. Der EU-Binnenmarkt ist einer der grössten Binnenmärkte der Welt.

Bilateraler Weg als beste Option

Nach seinem Beschluss vom Mai 2021, die Verhandlungen über das Rahmenabkommen nicht fortzusetzen, hat der Bundesrat die verschiedenen Optionen (Fortsetzung des bilateralen Wegs, EWR-, EU-Beitritt, umfassendes Freihandelsabkommen oder Nichtstun) erneut geprüft. Er kam zum Schluss, dass der bilaterale Weg, der seit 25 Jahren massgeblich zum Erfolg der Schweiz beiträgt, weiterhin die vorteilhafteste Lösung ist. Der Bundesrat ist insbesondere der Ansicht, dass die Option «gar nicht zu handeln» nicht im Interesse der Schweiz ist. Die Folgen des Nichtstuns wären nicht der Status quo, sondern eine zunehmend eingeschränkte Binnenmarktbeteiligung und weniger Kooperationen, was in Bezug auf Sicherheit, Wohlstand und Unabhängigkeit negative Auswirkungen für die Schweiz hätte.

Paket Schweiz-EU als Stabilisierungsfaktor

Mit dem Paket Schweiz-EU will der Bundesrat den bewährten bilateralen Weg stabilisieren und weiterentwickeln. Das Paket stellt keine Kursänderung der Schweizer Aussenpolitik dar und ist Ausdruck der Kontinuität einer massgeschneiderten Beziehung zur EU. Mit dem Paket kann die Schweiz ihr europapolitisches Kernziel erreichen: eine gegenseitige Marktbeteiligung in klar definierten Sektoren sowie Kooperationen in ausgewählten Interessenbereichen; dies unter Wahrung des grösstmöglichen politischen Handlungsspielraums. Eine Verfassungsänderung ist mithin nicht nötig. Inländische Begleitmassnahmen in den Bereichen Lohnschutz, Zuwanderung, Landverkehr und Strom wahren zudem essenzielle Interessen der Schweiz. Ausserdem ist der Agrarteil des erweiterten Landwirtschaftsabkommens von der dynamischen Rechtsübernahme ausgeschlossen und die Qualität des Service public bleibt erhalten. Das Paket besteht aus einem Stabilisierungs- und einem Weiterentwicklungsteil.

Der Stabilisierungsteil enthält:

(a) die sektorielle Verankerung von institutionellen Elementen in den bestehenden Binnenmarktabkommen Personenfreizügigkeit, Abbau technischer Handelshemmnisse, Land- und Luftverkehr; dies unter Berücksichtigung von Ausnahmen, Absicherungen und Prinzipien, (b) die Aufnahme von Bestimmungen über staatliche Beihilfen in die bestehenden Land- und Luftverkehrsabkommen, (c) Kooperationsabkommen in den Bereichen Forschung, Bildung und Weltraum, (d) die Verstetigung des Schweizer Beitrags zur Stärkung der Kohäsion in der EU.

Der Weiterentwicklungsteil entspricht den Schweizer Interessen an einem gezielten Ausbau der bilateralen Beziehungen mit der EU. Er umfasst:

(a) neue Binnenmarktabkommen in den Bereichen Strom (inkl. institutionelle Elemente und staatliche Beihilfen) und Lebensmittelsicherheit (inkl. institutionelle Elemente), (b) ein neues Kooperationsabkommen im Bereich Gesundheit.

Der Bundesrat will zudem den politischen Austausch mit der EU stärken. Das Paket sieht diesbezüglich die Schaffung eines hochrangigen Dialogs auf Ministerebene und eine institutionalisierte parlamentarische Zusammenarbeit vor.

95 Gesetzgebungsakte der EU und 35 Schweizer Gesetze

Die Abkommen zwischen der Schweiz und der EU wurden am 21. Mai 2025 paraphiert. Der Bundesrat hat sie heute gutgeheissen. Sie sind Teil der Vernehmlassungsunterlagen, welche auch die nötigen inländischen Erlasstexte und einen erläuternden Bericht umfassen. Die Vernehmlassung wird bis zum 31. Oktober 2025 bei den Kantonen, den politischen Parteien, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Gemeinden, Städte und Berggebiete, den gesamtschweizerischen Dachverbänden der Wirtschaft und weiteren interessierten Kreisen durchgeführt. Die Rückmeldungen werden im Hinblick auf die Ausarbeitung der endgültigen Botschaft an die Räte analysiert werden.

Im Rahmen des Pakets zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen Schweiz-EU sind 95 Gesetzgebungsakte (EU-Rechtsakte mit Gesetzescharakter) für die Schweiz von Bedeutung. Für die Umsetzung des Pakets sind die Anpassung von 32 Schweizer Gesetzen (12 mit substanziellen und 20 Gesetze mit geringfügigen Anpassungen) und die Schaffung von 3 neuen Gesetzen vorgesehen. Diese sind in der Vernehmlassungsvorlage zusammen mit den betroffenen Abkommen und den relevanten EU-Gesetzgebungsakten ausgewiesen. Am 30. April 2025 hat sich der Bundesrat für ein fakultatives Staatsvertragsreferendum für das Paket Schweiz-EU ausgesprochen.

Volkswirtschaftlicher Nutzen des Pakets

Im Hinblick auf die Eröffnung der Vernehmlassung und vor dem Hintergrund der engen wirtschaftlichen Verknüpfung mit der EU wurden fünf externe Studien zu den volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Pakets in Auftrag gegeben. Diese flossen in den heute publizierten erläuternden Bericht ein. Während die Studie zur Teilübernahme der UBRL die Auswirkungen auf staatliche Institutionen beziffert, kommen die übrigen Studien klar zum Schluss, dass sich das Paket positiv auf die Volkswirtschaft der Schweiz auswirken würde.

Gemäss den Modellberechnungen würde das Schweizer BIP im Jahr 2045 ohne die Abkommen der Bilateralen I und bei einer Rückstufung im Bereich Forschung auf den Status eines nicht-assoziierten Drittstaats um 4,9 % tiefer ausfallen als bei funktionierenden Abkommen und voller Assoziierung.

Volkswirtschaftlich bedeutsam ist im Weiterentwicklungsteil des Pakets insbesondere das Stromabkommen. Es stärkt die Versorgungssicherheit und führt zu tendenziell tieferen Strompreisen. Diese wirken sich positiv auf die Wirtschaftsaktivität aus, stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft und verbessern die Kaufkraft der Haushalte. Mit der völkerrechtlich verbindlichen Absicherung der Grenzkapazitäten können im Zeitraum 2030 bis 2050 potenziell zusätzliche Handelsgewinne im Umfang von jährlich bis zu über 1 Mrd. CHF gesichert werden. Mit dem Stromabkommen dürften die Strompreise im Vergleich zu einem Szenario ohne Abkommen im Jahr 2050 um bis zu 14 % tiefer liegen.

Nächste Schritte

Die Schweiz und die EU haben Übergangsregeln zum Umfang ihrer Partnerschaft für die Phase ab Ende 2024 bis zum Inkrafttreten des Pakets festgelegt. Der Bundesrat wird diesbezüglich eine gemeinsame Erklärung mit der EU-Kommission unterzeichnen. Die Unterzeichnung wird am 24. Juni 2025 in Brüssel stattfinden und hat rückwirkenden Charakter.

Das Abkommen über die Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen (EUPA) wird vom Bundesrat voraussichtlich im November unterzeichnet. Das EUPA wurde am 9. April 2025 von der Regierung gutgeheissen. Die Unterzeichnung ermöglicht eine rückwirkende Assoziierung der Schweiz per 1. Januar 2025 an Horizon Europe, dem Euratom-Programm und dem Digital Europe Programme.

Die Unterzeichnung der übrigen Abkommen und Protokolle Schweiz-EU sowie die Verabschiedung der Botschaft zuhanden des Parlaments werden voraussichtlich im ersten Quartal 2026 erfolgen.


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